1915-00-00 - Das Kriegsjahr 1914/15 |
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ID |
1000553 |
Piwigo ID |
1645132457 |
Titel |
Das Kriegsjahr 1914/15 |
Datum |
1915-00-00 |
LFNR |
06169 |
Inhalt |
Bis zum 28. Juni 1914 hatte alles seinen gewohnte Ordnung und niemand
ahnte etwas von dem Kommenden. Der Mord des Thronfolgers Ferdinand
(28. Juni 1914), welcher auf das Schärfste verurteilt wurde, mahnte die
Ortseinwohner schon an etwas kriegerische Zeiten. Die am 28. Juli 1914
gemachte Kriegserklärung Österreich-Ungarn an Serbien stimmte die Ellmauer
mehr zur Freude, da ein Krieg mit Serbien ihrer Meinung nach, bald beendet
sein werde. Als aber jeder Tag neue Kriegserklärungen brachte, war eine
gewisse Ängstlichkeit zu bemerken.
Wie ein Ruck ging es durch Ellmau, als es abends (31.August 1914) hieß:
"Allgemeine Mobilisierung". Und bald darauf klebten schon an den Mauern die
weißen Zettel. Das Dorfleben bekam eine noch lebhaftere Note und es dauerte
nicht lange, da sah man schon die Boten ausziehen, um die abseitsgelegenen
Krieger zu verständigen.
Im Schulhause, wo sich die Einrückenden zu versammeln hatten, war durch
eine Nacht und einen Tag ein Lärm und Getrampel, wie man dies sich kaum
größer denken kann. Wie sich die Einrückenden so ziemlich versammelt hatten,
bemerkte man bald eine gewisse Munterkeit, welche in den verschiedensten
Witzen sich Luft machte. Einer der humorvollsten war der Mechaniker
Sebastian Kaufmann, welcher am 5.11.1914 in Serbien gefangen wurde.
Mit mehreren Fuhrwerken fuhren die 54 Fahnenpflichtigen unter lautem
Gejodel zum Bahnhof St. Johann in Tirol. Es fehlte nicht an herzzerreißenden
Abschieds-Szenen und selten wird eine so kleine Spanne Zeit soviel Tränen
gesehen haben, wie damals. Ansprachen wurden nicht gehalten.
Das Tagesgespräch bildete von nun an nur der Krieg. Nach Ende der
Feldarbeiten wurde mit der Sammlung von Liebesgaben begonnen. Bei den
Feldarbeiten halfen die Lehrpersonen täglich mit. Die Lehrkräfte baten bei
verschiedenen Bauern um Schafwolle, welche wieder von opferwilligen Personen
gesponnen und von den Schülerinnen zum Gebrauch für die Soldaten fertig-
gestellt wurde, wobei sich Fräulein Lehrerin Maria Rosina und Frau Elisabeth
Wex, Schulleitersgattin, besondere Verdienste erwarben, indem dieselben
viele Wochen hindurch oft bis Mitternacht arbeiteten, um den Schülerinnen
gebrauchfertige Wolle verabfolgen zu können.
Von der Schule Ellmau wurde an das Rote Kreuz in Innsbruck gesendet:
46 kg Sch....
62 Paar Socken
37 " Pulswärmer
17 " Wadenstutzen
17 kg Brombeerblätter
5 Hemden, Zigarren und Zünder
u. 30 Kr 50 h (Dreißig Kronen 50 Heller) an Bargeld.
Auch von der Gemeinde wurden Sammlungen an Wäsche für die Soldaten einge-
leitet und vieles Wertvolle an das Rote Kreuz gesendet.
Bis zur Zeit, wo die Russen in Galizien einfielen, war die Volksstim-
mung ganz gut. Von dieser Zeit an schien eine gewisse Furcht zu herrschen,
die sich jedoch bald wieder verlor. Eingetroffene Soldaten wurden von den
Ortsinsassen mit allen möglichen Fragen betreffs Krieg überhäuft. Den
verwundeten Soldaten kam man im allgemeinen sehr zuvorkommend entgegen.
Am Sonntag, den 14.9.1914, versammelten sich die Standschützen von
Ellmau und Scheffau vor dem Pfarrhof in Ellmau, bei welcher Gelegenheit
Hochw. Herr Pfarrer Nikolaus Franberger an dieselben eine Ansprache hielt,
worauf die Standschützen vereidigt wurden. Die Standschützen erhielten
später eine kleine Ausbildung; in Verwendung traten sie nicht.
An Kriegsanleihe wurden in Ellmau nach Vernehmen etwas über 20.000 Kr.
gezeichnet.
In religiöser Beziehung sei erwähnt, daß von Ellmau aus nach Kirchental
(16 Wegstunden) im Oktober 1914 eine Kriegsprozession stattfand, an der sich
ca. 100 Personen beteiligten. Ein Kriegsrosenkranz wird täglich 7 h abends
in der Pfarrkirche gebetet, an dem sich jedesmal sehr viele beteiligen.
Seit Beginn des Krieges sind der ledige Knecht Simon Steinbacher und
Josef Pfeifer infolge einer Krankheit in einem Militärspitale gestorben.
Einen Schuß durch die Hand erhielt Josef Langhofer und einen Schuß durch den
Fuß sein Bruder Michael Langhofer, beide von Hof in Ellmau. Elias Fachs von
Widau hier erhielt einen gefährlichen Schuß durchs Knie. Die beiden ersteren
mußten bald nach ihrer Heilung wieder auf den Kriegsschauplatz, während
letzterer kaum mehr in die Lage kommen dürfte.
Von den Lehrpersonen hatte niemand einzurücken, ebenso geschah keine
freiw. Dienstleistung beim Roten Kreuz. Die Lehrerschaft betätigte sich nur
mit der Fertigstellung von warmen Wollsachen für die Soldaten.
Bemerkenswert dürfte sein, wie die Lebensmittelpreise in der Zeit vom
1.8.1914 bis Ende März 1915 gestiegen sind: So kostete zum Beispiel
vor der Mobilisierung: jetzt März 1915:
1 kg Weizenmehl 44 h " 92 h
1 " Zucker 90 h " 100 h
1 " Brotlaib 20 h " 40 h
1 Liter Petroleum 44 h " 86 h
1 Schachtel Zünder 2 h " 4 h
Und noch dazu: das neue Gehaltsgesetz für die Lehrerschaft trat nicht in
Kraft.
In Sachen Approvisionierung wurden die Lehrpersonen auf 26. Febr. 1915
nach Kufstein zu einer Versammlung auf 9h früh in den städtischen
Schulungssaal berufen. Der Herr Bez.Kommisar Janetschek gab Aufschluß, wie
die Approvisionierung durchzuführen sei, worauf die Lehrpersonen zur
Eidesleistung aufgefordert wurden. Die Lehrpersonen Ludwig Franz Wex und
Frl. Maria Rosina, welche einen Tagesmarsch von 8 Stunden bei Sturm und
Schneewetter machen mußten, hatten einen schweren Tag. Am 28. Febr. mußte
die Aufnahme vom Getreide und Mehl beginnen und am 4. März beendet sein.
Es waren dies für die Lehrpersonen strenge Tage, umsomehr, da es jeden Tag
mehr schneite und regnete und sie oft ohne Weg bei 1 m hohem Schnee von
einem Bauernhaus zum anderen wandern mußten. Jeden Abend hieß es dann die
Gemeindeübersicht zusammenstellen. Auch bedeutende Auslagen waren mit dieser
Arbeit verbunden, da es nicht möglich war, seine Mahlzeit zu Hause
einzunehmen.
Das Ergebnis dieser Getreide- und Mehlaufnahmen war folgendes:
Weizen ............... 25393 kg
Roggen ............... 32142 kg
Gerste ............... 2374 kg
Hafer ................ 11596 kg
Mais ................. 125 kg
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Weizenmehl ........... 3794 kg
Roggenmehl ........... 2597 kg
Gerstenmehl .......... 76 kg
Maismehl ............. 1222 kg
Hafermehl ............ 73 kg
Weizengrieß .......... 10 kg
Rollgerste ........... 295 kg
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Einwohnerzahl : 847 Personen
Pferdezahl : 51 Pferde
USA: Bericht von Oberlehrer Wex |
Archive |
[ZCH, USA] |
Sachgebiete |
[Schule, Kriege] |