Bevölkerung | Lebensbilder

Am 23. November 1875 erblickte Bartl Lechner als Sohn eines Müllermeisters und Besitzer der Niederacher Mühle in Scheffau das Licht der Welt. Bartls Vater starb bald. Die Mutter und der zwölfjährige Sohn blieben in denkbar ungünstigen Verhältnissen zurück. Nach dem Besuch der Volksschule trat Bartl bei einem Sägewerk in seinem Heimatort als Arbeiter ein. Schon damals zeigte sich, daß der junge Mann eine unglaubliche Witterung fürs Geschäft hatte. Er verstand es, die Besitzer eines Zememtwerkes dafür zu gewinnen, ihr Produkt in Fässern zu verfrachten und ihn mit der Herstellung von einer Million Faßdauben zu betrauen. Um die Jahrhundertwende begann die Elektrifizierung Tirols. Bartl Lechner, der sich mittlerweile als Unternehmer, Schnapsbrenner und Holzhändler schon einiges erspart hatte, erkannte frühzeitig, daß die Welt immer mehr Strom brauchen werde. Er suchte die Gesellschaft von Fachleuten, ließ sich von ihnen beraten und beschloß, elektrischen Strom auf eigene Faust zu erzeugen und mit Gewinn zu verkaufen. So erweiterte er die bescheidene Kraftwerksanlage eines Sägewerkes in Ellmau, das er sich mit seinen Ersparnissen im Jahre 1905 gekauft hatte, und versorgte zwei Jahre hernach das ganze Dorf mit elektrischen Strom. Mit dem Gewinn erwarb sich Lechner im Lauf der Zeit mehrere landwirtschaftliche Güter und Grundstücke, so daß er allmählich zu einem der größten Bauern der Gegend wurde. Heute besitzt er noch ein zweites Kraftwerk in Fieberbrunn. 1938 erwarb Bartl Lechner die ehemalige Kraftsche Zementfabrik und baute sie zum modernen Zementwerk Eiberg aus, das im Jahre ca. 320.000 Tonnen Zement produzierte.

TT 63/273 v. 23.11.1963


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